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Santiago und Valparaiso

In einem grossen Bett ohne Schlafsack zu schlafen ist eigentlich ganz ok. Aber wir haben unseren Bus trotzdem vermisst. Die Schiebetüren, den kaputten Lichtschalter, die nassen Fensterscheiben am Morgen, den Geruch nach Benzin vom Reservekanister... Nun gut, in unserer kleinen Airbnb Wohnung konnten wir dafür mal wieder die Wäsche waschen. Dies gestaltete sich, trotz der Waschmaschine im Bad, etwas umständlich. Schritt 1: Karte mit Geld laden. Check! Schritt 2: Waschmittel organisieren: bereits eingekauft, und dann fand Prisca doch noch Flüssigwaschmittel vom Vermieter. Schritt 3: Waschen und Trocknen im Untergeschoss des Appartmentkomplex. Check!


Aus der Heimat sind wir es uns gewohnt, dass man ungebrauchte Dinge wieder zurückbringen kann. So machte wir uns auf zum Líder Express, um die noch jungfräuliche Packung Waschmittel zurückzugeben. Die hilfsbereite Frau in der Aufsichtsbox sah sich dann mit der Situation konfrontiert, dass wir Touristen leider nicht über ein RUT verfügen. „Wer zum Geier ist die Ruth?“ werdet ihr euch wohl fragen. Die richtige Frage ist aber: Was ist eine RUT. Antwort: eine eindeutige ID für jeden Chilenen, um alle - aber wirklich alle - seine Aktivitäten verfolgen zu können. Warum dieser ausgefuxte Rückgabeprozess mit viel Papier und Vorschriften vor allem lang dauern muss und keine Passnummer von Ausländern eingegeben werden kann, wusste niemand. Aber schliesslich lieh uns eine nette Kundin ihre RUT und wir waren überglücklich, dass wir nach einer Viertelstunde unsere falsch investierten 1‘900 Pesos zurück erhalten hatten.


Den restlichen Teil des Nachmittages verbrachten wir mit Blog schreiben und Fotos hochladen im Starbucks, weil der Vermieter für die unbrauchbare und langsame Internetverbindung keine Lösung gefunden hatte.


Natürlich darf bei einem Besuch in Santiago de Chile das Geniessen der Aussicht vom Cerro San Cristóbal nicht fehlen. Wir nahmen die antike Standseilbahn und waren ohne Anstrengung auf dem Hausberg. Die Aussicht ist sehr eindrücklich, vor allem im Licht der untergehenden Sonne. Beim Umherspazieren trafen wir auf viele Läufer, Mountainbiker und Rennvelofahrer, die den Berg für ihr Training nutzen. Vor dem Abstieg zu Fuss genehmigten wir uns als Stärkung einen unanständig süssen Mote con Huesillos. Und vorab zwei Empanadas. Der Mote ist ein traditionelles chilenisches Dessert, welcher mit Fruchtsirup, einem eingelegten Pfirsich sowie Hartweizen kalt serviert wird.

Nachdem die Sonne glutrot am Horizont verschwunden war, machten wir uns auf den Rückweg. Da wir später am Abend mit Edo und Javier, unseren Freund aus Santiago zum Abendessen bei Edo zu Hause verabschiedet waren, kauften wir unterwegs in der Stadt noch ein und genossen einen interessanten Spaziergang durch die Strassen des Quartiers Bellavista.


Am nächsten Morgen, froh darüber, unsere Prepaid Abos aufgeladen zu haben, konnten wir in der Wohnung noch weitere Dinge erledigen. Zum Beispiel die Registration des Mobiltelefones von Andreas. Dies ist nötig, damit das Teil nach dreissig Tagen nicht gesperrt wird. Zum Glück gibt es aber via der Webseite der Registrierungsstelle für einmal genügend Hilfestellung. Nun hiess es abwarten und zu hoffen, dass der Prozess erfolgreich verläuft.


Gegen den frühen Abend machten wir uns nochmals auf ins Quartier Bellavista. Wir wollten des der Häuser des berühmtesten Dichters und Schriftstellers Chiles, Pablo Neruda, besuchen (https://de.m.wikipedia.org/wiki/Pablo_Neruda). Der Eintritt schien uns aber mit CLP 7’000 sehr teuer. Im Lonely Planet wurde der Eintritt im 2015 noch mit CLP 5’000 angegeben. So gönnten wir uns anstelle von Kultur auf einer Dachterrasse in der Nähe etwas Kulinarik, bevor wir uns auf der Suche nach einem Restaurant spontan für ein Escape Game bei Escape60 (https://escape60.cl) begeisterten. Wir mussten aus einem von Zombies bevölkerten Friedhof fliehen. Dies stellte sich als alles andere als einfach heraus. Aufgrund der Sprache, da wir nur zu zweit waren, weil die Taschenlampe keine Batterie mehr hatte und zwei der Schlösser mit dem richtigen Code nicht aufgegangen waren, schafften wir es leider nicht und sind nun für immer und ewig Zombies. En schönä Seich! Im Ernst: ein Escape Game in einer Fremdsprache ist der Hammer! Der Spass kostete CLP 12’000 pro Person.

Das mussten wir erst einmal verdauen. So kam es, dass wir unsere einzelnen taktischen Entscheide bei einem weiteren Apéro und danach bei einem leckeren Stück Fleisch mit einem weiteren Fläschen Lapostolle Grand Reserva nachbesprachen.

Nach Valparaíso fahren die Busse alle fünfzehn Minuten. Wir uberten zum Busterminal (www.turbus.cl) und kauften die Tickets für den Hin- und Rückweg vor Ort. Zehn Minuten später sassen wir im Bus und nach knapp zwei Stunden standen wir in Valparaíso in der Sonne und warteten auf den Uberfahrer zum Hostal Alabama Monroe (https://m.facebook.com/alabamaguesthouse), etwas ausserhalb des Zentrums. 


Was für ein Hostel! Junge, aufgestellte Gastgeber empfingen uns, alles war sehr ruhig und gut organisiert und sofort fühlten wir uns wohl. Im Viererzimmer kostete uns die Nach so gegen USD 16 für uns beide. Mit Frühstück inbegriffen und einem sauberen, kleinen Pool im Garten. Als Zugabe gibt es noch drei verschmusste Büsis...

Wir machten uns sogleich auf die Socken in die Stadt, um die 15:00 Uhr Walk4Tips Tour zu erwischen. Ja, wir gönnten uns mal wieder einen geführten Stadtbummel.


Cata, unsere Guía war dieses Mal Tänzerin und Künstlerin und zeigte uns einige Quartiere und Ecken der Stadt auf der etwas mehr als zweistündigen Tour. Wie wir erst im Nachhinein feststellten, hatte sie ein wenig geschummelt und zwei Abschnitte ausgelassen. Die Tour dauert sonst eher drei Stunden. Sie führte uns unter anderem zu den beiden Ascensores Reina Victoria und Concépción und stellte uns den Street Art Künstler GOBLIN vor, der gerade für eine Ausstellung an einem Werk arbeitete. Wie spannend! Auf der Tour lernten wir auch einige hübsche Orte für einen Apéro oder einen Lunch kennen. Am Hafen angekommen, war die Tour dann auch schon zu Ende und wir erkundeten auf eigene Faust die weiteren Ascensoren Cerro Artillería, Cordillera, San Augustin, El Peral mit Paseo Yugoslavo und Museo Barbuzzia, bevor wir uns im Taulat, einem Restaurant mit der höchsten Rooftop Bar sehr leckere Tapas gönnten.

Nach einem Abstecher in der Cervezeria Altamira, welche als Microbrewery selbst Bier braut, machten wir uns leider ohne die erwartete Jazz Combo gehört zu haben, auf den Rückweg zu unserem Hostel. Unterdessen war es schon sehr kühl und wir hatten uns auf Warten auf Bus mit Frieren eingestellt. Zum Glück kam aber bei unserer Ankunft an der Plaza auch gleich der Bus 511 angerauscht, der uns für die üblichen CLP 450 pro Person nach Hause kutschierte.

Einer unserer Zimmernachbarn hatte es geschafft, uns mitten in der Nacht mit seinem Geschnarche zu wecken. Entsprechend kurz fühlte sich die Nacht an. Alles war vergessen, als wir unser leckeres Frühstück vor uns stehen hatten. Die Betreiber des Hostels nahmen am Morgen persönlich die Bestellung auf und servierten uns die Rühreier, das frische selbstgebackene Brot, den Kaffee und weitere Leckereien an unseren Tisch im Garten. Was für eine Überraschung!


Gestärkt machten wir uns nochmals auf den Weg in die Stadt. Der erste Aufzug war leider ausser Betrieb. Von den ursprünglich 30 Aufzügen gibt es heute noch deren sechzehn und von diesen sind aktuell rund sieben in Betrieb. Ein weiterer der noch funktionierenden Aufzüge war Espíritu Santo, der uns hochbrachte zum Museo al Cielo Abierto, einem kleinen Open Air Museum in den engen und verwinkelten Gassen von Valparaíso.

Ein weiteres Mal zog es uns ins Taulat und danach in ein Kaffee mit dem unserer Meinung nach besten heissgebrauten Getränk der Stadt und den ihrer Meinung nach besten Glacées. Wir genossen zwei Capuccino und ein Eis und machten uns danach auf zu unserer ersten gemeinsamen - Tangolektion. Richtig gelesen! Auf einem kleinen Platz namens Plaza el Descanso bietet Anichi Anfängern und Fortgeschrittenen gegen ein kleines Trinkgeld Tanzunterricht an. Cata, unsere Guide vom Vortag, hatte uns dies empfohlen. Und so standen wir beide nun auf diesem kleinen Platz und hörten uns die Ausführungen unserer Tanzlehrerin an. Auf Deutsch und Spanisch, denn sie hatte über zwanzig Jahre in Hamburg gelebt. Für diesen eineinhalbstündigen informellen Tango Einführungskurs gaben wir ihr je 3’000 Peso Trinkgeld.

Tanzen macht hungrig. Und so schlichen wir zwei hungrige Gestalten durch die Gassen und suchten nach einem Lokal mit Fisch. Fündig wurden wir im Curanto Porteño, einem chilenischen Restaurant, in dem wir zusammen mit einem anderen Päärchen die einzigen Gäste waren. Wir gönnten uns zur Vorspeise Ostiones (https://es.m.wikipedia.org/wiki/Crassostrea), eine mit Austern verwandte Muschelart, sowie fritierte Camembert Häppchen und als Hauptgang einen typischen Fisch aus der Region, die Reineta (https://es.m.wikipedia.org/wiki/Brama_australis), in Butter gebraten mit Kartoffeln und Gemüse und ein Lachsfilet. Natürlich durfte der einen chilenische Rote nicht fehlen und zur Abeundung gab‘s Musik von Willy; Gitarre, Panflöte und Gesang.

Nach einem erneut deliziösen Frühstück im Hostel nahmen wir den lokalen Bus zum Busbahnhof und fuhren danach mit Turbus wieder zurück nach Santiago.

Wir kamen am späteren Nachmittag bei Edo zu Hause an, er hatte uns angeboten bei ihm zu übernachten - was wir gerne nutzten. Wir plauderten, genossen den Sonnenuntergang auf der Terrasse der WG und gingen später für’s Abendessen einkaufen. Aus unserem von der Hinreise übrig gebliebenen und nun harten Baguette machte Andreas Paniermehl für unsere Pouletschnitzeli. Dazu ein wenig Teigwaren mit frischer Pesto und ein letztes Fläschchen chilenischer Wein. 


Noch bevor um Mitternacht die Uhren um eine Stunde zurück gestellt wurden, schliefen wir im riesigen Bett von Edo ein.

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