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Santiago de Cuba

Im Bus von Holguín nach Santiago trafen wir Barbara aus Deutschland. Sie stieg in Bayamo, auf halbem Weg, ein. Wir verstanden uns auf Anhieb. Ihre Route wird nach Santiago auch weitergehen nach Baracoa und zu dritt ist natürlich eine Exkursion schnell mal günstiger. Wir nahmen gleich zusammen ein Taxi und verabredeten uns für den Abend zum gemeinsamen Abendessen.


In Santiago schlenderten wir am ersten Tag der Lonely Planet Stadtroute entlang von der Bay hoch bis zur Plaza Marte. Den Hügel hinauf schmolzen wir sogar im Schatten einfach so dahin, so dass wir uns um vier Uhr nachmittags auf halber Strecke im „Hotel Casa Grande“ auf der Terrasse im fünften Stock einen Mojito gönnten. Der Zugang kostete sowieso CUC 3, mit einem Getränk inklusive. Wir wurden mit kühlem Wind und einer tollen Aussicht auf die Bay und die Stadt belohnt.

Architektonisch hat Santiago als Stadt nicht wirklich Charakter. Am ehesten beeindrucken die Strassen mit steilen Anstiegen mit den alten Schienen, die an die frühere Strassenbahn erinnern – dies lässt den Hauch eines Vergleichs zu San Francisco zu. Es gibt leider fast keine Grünflächen.


Diese Stadt war definitiv anders. Heiss warˋs bis jetzt überall gewesen, aber so stickig und stinkig - das war ein krasser Gegensatz zu den letzten Wochen. Santiago ist anders als La Habana, oder Camagüey. Es schien uns, als ob alle Motorräder, die andernorts bereits durch moderne E-Roller ersetzt worden sind, hier in den Südosten des Landes abgeschoben worden waren und noch im intensivsten Gebrauch sind. Fahrräder und Bicitaxis gibt es in der hügeligen Stadt nur wenige. Aus jedem Auspuff kommt Rauch: Schwarz, grau, blau, weiss. Die Strassen nach Santiago waren ein Vorbote dessen, was wir schon im Vorfeld in den Reiseführern gelesen hatten: je weiter in den Osten man kommt, umso ärmer wird das Land. Hier in Santiago war die Touristendichte bis jetzt unserer Wahrnehmung nach am geringsten. Und für das gemeine Volk heisst dies, dass eben auch weniger Geld reinkommt. Die Menschen hier irritierten uns. Läden schliessen hier einfach mal zu, die Dienstleistungsbereitschaft ist (gefühlt) eher tief und wir hatten hier das erste Mal das Gefühl, als Tourist vor allem des Geldes wegen willkommen zu sein.


Ausflüge zu vernünftigen Preisen sind nicht möglich, die Stadt bietet ausser der verkehrsfreien Einkaufsstrasse mit nervigen Touristenfängern nicht viel. Wir wollten via Cubatour, einem der drei kubanischen Reisebüros, die Tour auf den höchsten Berg Kubas buchen. Das Erklimmen des 1ˋ974 Meter hohen Pico Turquino hätte für einen Tag pro Person CUC 139 gekostet. Dabei inbegriffen: Transport hin- und zurück, Guide, Verpflegung. Verhandeln des Preises ist nicht möglich. Ein Touristenfänger hatte uns für den Transport am Busbahnhof CUC 100 als Preis für den Transport angegeben. Dieser Preis schien uns schon eher angemessen. Da uns dieser selbsternannte Reiseführer aber in der Stadt mit dem Taxifahrer zusammen nicht wirklich am richtigen Ort absetzen konnte oder wollte, war dies auch keine Option. Da der Trip in einer Gegend startet, die ausserhalb der Saison menschenleer ist und Handyempfang wohl auch nicht funktioniert, und es bei Regen auf den Wanderwegen in Südamerika sehr rutschig und gefährlich werden kann, sahen wir davon ab.


Das Highlight des Tages war das Essen am Abend im „Royˋs Terrace Inn“. Die Küche dieser Casa und die sehr freundlichen Gastgeber, welche uns und einige andere Lonely Planet Touristen auf ihrem Roof Top verwöhnten, korrigierten den etwas zwiespältigen Eindruck dieser Stadt.

Am zweiten Tag war Prisca dann so richtig erkältet. Die Nase lief und wir wollten nur am Vormittag eine kleine Runde drehen, vor der grossen Hitze. Wir besuchten die Propagandaausstellung zum Thema „26 Juli“, welche einmal mehr bis auf das kleinste Detail - wohl nach genauster persönlicher Vorgabe von Fidel und Raúl - die Vorbereitungen und die Durchführung des ersten revolutionären gewaltsamen Aktes erklären. Fotografieren hätte zusätzlich zum Eintritt von CUC 2 nochmals CUC 5 gekostet. Wir konnten darauf verzichten. Eine als Museum deklarierte romantisierte Version der Geschichte des Ursprunges der Revolution zeigt sehr deutlich, wie Fidel Castro sein Volk auf die eine und einzige Wahrheit getrimmt hat. Es war das bisher mit Abstand am besten erhaltene und auf Hochglanz polierte Museum.

Ganz im Gegensatz zum „Museo del Ron“. Leider wegen Renovation geschlossen. Natürlich wusste der Wachmann am Tor auch nicht so genau, bis wann. Ein Monat, vielleicht auch zwei. Papiertücher gabˋs auch keine zu kaufen. Die verantwortliche Verkäuferin, welche diese im Supermarkt verkaufte, war gerade im Mittag. Keine ihrer drei anwesenden Kolleginnen, welche wir fragten, konnten dies übernehmen. Nauta Karten (für den Internetzugang) gab es am einzigen Verkaufspunkt auch keine, denn das System für die Aktivierung war gerade defekt. „Vielleicht würde es mañana wieder laufen“, war die Antwort. Das Highlight war ein leckerer „Churro“ für 5 Pesos. Zucker macht glücklich.

Wir assen ausserhalb des Zentrums im „Restaurante San Francisco“ eine Kleinigkeit und spekulierten, ob die beiden „Spanier“ am Nebentisch vielleicht ein Päärchen waren.

Den Nachmittag verbrachten wir in der Casa. Prisca kurierte ihren Schnupfen mit einem Neocitran Andreas reservierte die Casa in Baracoa und las.


Am Abend hatten wir wiederum mit Barbara abgemacht. Sie wollte ursprünglich noch zwei Kolumbier mitbringen, die waren aber den ganzen Tag unterwegs. Wir trafen uns bei ihr vor der Casa und tranken zu dritt unsere Flasche Rotwein aus Guardalavaca leer. Ein „Trobador“ - ein Strassenmusiker mit internationaler Bühnenerfahrung und Kenntnis der Hochpreisinsel Schweiz - begleitete uns in den Feierabend. Auch Barbara war nach zwei Tagen Santiago noch nicht überzeugt von der Stadt, so dass wir uns unsere Herzen ausschütteten und danach in unmittelbarer Nähe - auf der üppig beleuchteten Dachterasse „El Balcon de Ana“ auf unser Abendessen warteten.


Dies war das zweite Highlight in Santiago. Einmal mehr ein Ort, der einer Person gehört, welche schon lange nicht mehr in Cuba selbst lebt sondern in - Miami. Der Koch hatte eine Riesenfreude, uns zu bekochen und als Begleitmusik zur Vorspeise gab es den hauseigenen Guitarrero. Wir offerierten ihm ein Refresco al Limón. Im Gegenzug schenkte der Chefkoch mit seiner lustigen roten Mütze Andreas eine Zigarre der Marke Cohiba, weil sich die beiden im Fachgespräch über Puros sogleich gut verstanden.

Just in dem Moment beim Verlassen des Restaurants trafen wir auf unsere zwei vermeintlichen „Spanier“ vom Mittagessen und Barbara meinte: „Da drüben sind meine zwei Kolumbianer!“ Sie kamen kurz auf ein Schwätzchen zu uns rüber. Sie stammen aus Medellín und nun wir kennen wieder zwei Menschen mehr, die wir dann vielleicht später auf unserer Reise wieder einmal treffen werden. Von wegen Spanier...


Natürlich bot es sich an, für die Weiterreise am nächsten Tag wieder das Taxi zu teilen. Wir verabredeten uns auf 7:15 bei uns um die Ecke, Barbara würde das Taxi dann gleich bei sich vor der Casa organisieren. Für einmal gab es keines – so watschelten wir mit Sack und Pack zum Viazul Terminal.

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